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Ziviljustiz - was ist das?
Was entscheiden Zivilgerichte?
Welche Zuständigkeiten haben Amtsgerichte?
Was entscheiden Landgerichte im Zivilverfahren?
Was entscheidet das Oberlandesgericht?
Wann kann der Bundesgerichtshof im Zivilverfahren entscheiden?
Wie kann ich mein Recht durchsetzen, wenn ich den Prozess nicht bezahlen kann?
Die Ziviljustiz ist neben der Strafjustiz Teil der so genannten „ordentlichen“ Gerichtsbarkeit". Die Rechtsprechung wurde in früheren Zeiten nicht nur von den Gerichten sondern auch von Verwaltungsbehörden ausgeübt. Die Forderung im 19. Jahrhundert, Rechtsprechung solle nur noch durch „ordentliche Gerichte" ausgeübt werden, führte zu der Bezeichnung „ordentliche Gerichtsbarkeit" für die Zivil- und Strafjustiz.
Zur Ziviljustiz gehören neben den bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten (Verfahren, in denen es um die Zahlung von Geld oder Regelung von Rechtsverhältnissen geht, wie z.B. Klagen auf Schadensersatz oder Schmerzensgeld, Rückabwicklung von Verträgen, Streitigkeiten mit Handwerkern oder zwischen Mieter und Vermieter) auch die Familiensachen (z.B. Scheidungs-, Unterhalts- oder Sorgerechtsverfahren) und die Sachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit (z.B. Grundbuch-, Register-, Nachlass- und Unterbringungssachen).
Neben dem Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten gibt es weitere Rechtswege, nämlich zu den Arbeitsgerichten, zu den Verwaltungsgerichten, zu den Sozialgerichten, zu den Finanzgerichten und zu Gerichten für bestimmte Berufe (z.B. Anwaltsgericht). Die Verfassungsgerichtsbarkeit hat eine Sonderstellung inne.
Was entscheiden Zivilgerichte?
In den Verfahren werden bürgerlich-rechtliche Rechte oder Rechtsverhältnisse, bei denen es z.B. um Verkehrsunfallstreitigkeiten, Bau- und Architektenrecht, Kaufrecht, Deliktsrecht, Mietverträge oder erbrechtliche Ansprüche geht, in einem Prozess– meist durch ein Urteil - festgestellt oder gestaltet, es wird also beispielsweise die Zahlung eines Geldbetrages festgelegt oder bestimmt, dass die Kündigung eines Mietvertrages wirksam oder unwirksam war. Die festgestellten Ansprüche können im Zwangsvollstreckungsverfahren durchgesetzt werden. Leisten Schuldner auf die Verurteilung hin, kommt es nicht mehr zur Zwangsvollstreckung.
Die Ziviljustiz wird ausgeübt durch die Zivilgerichte. Das sind in Niedersachsen 80 Amtsgerichte, elf Landgerichte und drei Oberlandesgerichte, deren Zuständigkeiten Sie unter Justiz im Land finden. Oberste Instanz ist der Bundesgerichtshof in Karlsruhe.
Welche Zuständigkeiten haben Amtsgerichte?
Zu den Aufgaben des Amtsgerichts in der Zivilgerichtsbarkeit gehören im Wesentlichen:
- Betreuungs- und Vormundschaftssachen (Adoptionssachen, Betreuungssachen, Ergänzungspflegschaftssachen);
- Familiensachen (Ehescheidungen, Unterhaltsklagen, Elterliche Sorge, Umgangsregelungen, Versorgungsausgleich, Ehewohnung und Hausrat, Kindschaftssachen);
- Grundbuchsachen (Grundbuchamt, Erteilung von Grundbuchblattabschriften);
- Insolvenzsachen (nicht jedes Amtsgericht ist auch ein Insolvenzgericht, in Niedersachsen wurden die Insolvenzsachen bei bestimmten Amtsgerichten konzentriert);
- Landwirtschaftssachen;
- Mahnsachen (diese werden in Niedersachsen nur durch das Amtsgericht Uelzen bearbeitet);
- Nachlasssachen (Verwahrungen und Eröffnung von Testamenten und Erbverträgen, Erteilung von Erbscheinen und Testamentsvollstreckerzeugnissen);
- Registersachen (nicht alle Güterrechts-, Muster-, Handels-, Vereins-, Partnerschafts- und Genossenschaftsregister werden bei jedem Amtsgericht geführt);
- Zivilprozesssachen (gewöhnliche bürgerlich-rechtliche Streitigkeiten, z.B. Verkehrsunfallstreitigkeiten, Bau- und Architektenrecht oder Kaufrecht, bis zu einem Streitwert von 5.000 €, Wohnungsmietstreitigkeiten und bestimmte Streitigkeiten in Wohnungseigentumssachen unabhängig vom Streitwert);
- Zwangsvollstreckungssachen (Zwangsversteigerungen, Zwangsverwaltungen, sonstige Vollstreckungssachen, Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse, Führung des Schuldnerverzeichnisses).
Die Amtsgerichte verfügen außerdem über eine Rechtsantragstelle. Diese bietet den Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit,
- sich über die allgemeinen Abläufe der unterschiedlichen gerichtlichen Verfahren zu informieren,
- gerichtliche Verfahren durch die Stellung eines entsprechenden Antrages einzuleiten,
- Anträge zu für sie anhängigen Verfahren zu stellen,
- in dringenden, eiligen Angelegenheiten den Erlass einer einstweiligen Verfügung zu beantragen,
- sich über die Voraussetzungen und Abläufe betreffend Prozess- bzw. Verfahrenskostenhilfe und der Beratungshilfe zu informieren,
- Klage zu erheben und sonstige Anträge zu stellen, soweit kein Anwaltszwang besteht, wie etwa in familiengerichtlichen Verfahren oder bei Rechtsstreitigkeiten mit einem Streitwert von mehr als 5.000 €. Die Rechtsantragstelle kann von den Bürgerinnen und Bürgern auch zur Erhebung einer Klage oder der Abgabe einer Klageerwiderung genutzt werden.
Was entscheiden Landgerichte im Zivilverfahren?
Vor das Landgericht als erste (also Eingangs-) Instanz im Zivilprozess gehören die gewöhnlichen bürgerlich-rechtlichen Streitigkeiten, soweit der Streitwert mehr als 5.000 € beträgt und nicht das Amtsgericht unabhängig vom Streitwert zuständig ist. Daneben entscheidet das Landgericht als erste Instanz – unabhängig vom Streitwert - über die so genannten Amtshaftungsklagen, wenn es also um Ansprüche der Bürgerinnen und Bürger gegen den Staat wegen Verletzung einer Amtspflicht durch eine Beamtin oder einen Beamten geht, und über bestimmte Streitigkeiten aus dem Gesellschaftsrecht.
Als zweite Instanz entscheidet das Landgericht über die gegen die Urteile der Amtsgerichte in bürgerlich-rechtlichen Streitigkeiten und damit auch in Wohnungsmietstreitigkeiten eingelegten Berufungen. Ferner ist das Landgericht zuständig für die Entscheidung über Beschwerden gegen Beschlüsse des Amtsgerichts in bürgerrechtlichen Streitigkeiten. Dabei kann es sich beispielsweise um die Ablehnung von
Prozesskostenhilfe oder eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung handeln.
Bei dem Landgericht entscheiden so genannte Kammern, die mit drei Richterinnen oder Richtern besetzt sind. Allerdings verhandelt und entscheidet in erstinstanzlichen Rechtsstreitigkeiten in der Regel einer der Richterinnen oder Richter als Einzelrichter den Rechtsstreit allein. Nur in bestimmten Rechtssachen – zum Beispiel bei Arzthaftung, Architekten-, Bau- oder Versicherungsrecht – entscheiden drei Richterinnen und Richter gemeinsam, wobei die Möglichkeit besteht, eine vergleichsweise einfache Sache auf den Einzelrichter zu übertragen, oder andersherum, eine schwierige oder bedeutende Sache vom Einzelrichter auf die Kammer in der vollen Besetzung.
Bei den Landgerichten gibt es außerdem Kammern für Handelssachen, die mit einer Berufsrichterin oder einem Berufsrichter und zwei Kaufleuten als Handelsrichtern besetzt sind und über Streitigkeiten zwischen Kaufleuten entscheiden.
zurück zum AnfangDas Oberlandesgericht als Zivilgericht entscheidet nur in wenigen Spezialmaterien als erste Instanz, wie z.B. in Musterverfahren nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz. Überwiegend verhandelt und entscheidet es über Berufungen und Beschwerden gegen Urteile und Beschlüsse der Landgerichte in Zivilprozessen und über Rechtsmittel gegen Entscheidungen der Amtsgerichte in Familiensachen. Das Oberlandesgericht ist außerdem Beschwerdeinstanz betreffend die Entscheidungen der Amtsgerichte in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Freiheitsentziehungs- und Betreuungssachen, über die wegen der erforderlichen Ortsnähe das Landgericht als Beschwerdegericht verhandelt und entscheidet.
Bei dem Oberlandesgericht heißen die Spruchkörper Senate. In den Senaten werden die Sachen grundsätzlich durch jeweils drei Richterinnen oder Richter verhandelt und entschieden, wobei jedoch auch hier die Möglichkeit der Übertragung auf den Einzelrichter besteht. In bestimmten Rechtssachen entscheidet der Senat durch den Einzelrichter, wenn auch im Ausgangsverfahren bei dem Landgericht ein Einzelrichter entschieden hatte.
Wann kann der Bundesgerichtshof im Zivilverfahren entscheiden?
Gegen die Berufungsurteile der Landgerichte und der Oberlandesgerichte ist unter bestimmten Voraussetzungen die Revision zum Bundesgerichtshof möglich. Die Revision muss von dem Landgericht oder Oberlandesgericht zugelassen sein; ist sie es nicht, besteht bei Streitigkeiten von über 20.000 € nur die Möglichkeit der Beschwerde gegen die Nichtzulassung einzulegen, über die der Bundesgerichtshof entscheidet.
Gegen die Beschwerdeentscheidungen der Landgerichte und Oberlandesgerichte ist unter besonderen Voraussetzungen die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof möglich.
Wie kann ich mein Recht durchsetzen, wenn ich den Prozess nicht bezahlen kann?
Wer sein Recht in einem Zivilprozess wahrnehmen muss, sei es als Klägerin oder Kläger, sei es als Beklagte oder Beklagter, hat Anspruch auf finanzielle Hilfe, wenn die eigenen Mittel nicht ausreichen. Die Prozesskostenhilfe wird aber nur bewilligt, wenn die Klage oder die Verteidigung gegen eine Klage Aussicht auf Erfolg hat. Bei Bewilligung von Prozesskostenhilfe brauchen die Gerichtskosten und die Kosten des eigenen Anwalts entweder überhaupt nicht oder - bei entsprechenden finanziellen Verhältnissen - nur in Ratenbeträgen gezahlt zu werden. Geht allerdings der Prozess verloren, kann die Gegenpartei ihre Anwaltskosten verlangen.
Muss ein Streit immer vor Gericht entschieden werden?
In den letzten Jahren wurden die Möglichkeiten der außergerichtlichen Streitbeilegung erweitert. Dies übernehmen beispielsweise Schlichtungsstellen oder Schiedsmänner und -frauen.
Bei bestimmten Rechtsstreitigkeiten, in Niedersachsen etwa bei einem Nachbarrechtsstreit, muss vor der Durchführung eines gerichtlichen Verfahrens eine solche außergerichtliche Streitbeilegung versucht worden sein. Daneben besteht die Möglichkeit, einen Konflikt auch einvernehmlich durch Abschluss eines Vergleichs zu beenden. Bei dieser einvernehmlichen Konfliktbeendigung hilft eine hierfür speziell ausgebildete Person (Mediator/Mediatorin). Nähere Informationen hierzu finden sie im Artikel Mediation beim Güterichter.