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Aufgaben der Amtsgerichte

In Niedersachsen gibt es 80 Amtsgerichte – und damit immer eins in der Nähe der Bürgerinnen und Bürger.

Das Amtsgericht ist eine untere Instanz der „ordentlichen Gerichte“. Zu diesen „ordentlichen Gerichten“ gehören noch die Landgerichte, Oberlandesgerichte und der Bundesgerichtshof

Die Aufgaben der Amtsgerichte sind vielfältig. Zu den Aufgaben gehören

  1. die Strafrechtspflege,
  2. die Zivilgerichtsbarkeit und
  3. Familiensachen und Freiwillige Gerichtsbarkeitdie.

I. Strafrechtspflege

Die Amtsgerichte sind zuständig für Verbrechen (Straftaten, für die gesetzlich mindestens ein Jahr Freiheitsstrafe vorgesehen ist) und Vergehen (alle anderen Straftaten).

Dabei gibt es bei den Amtsgerichten unterschiedliche Spruchkörper: den Strafrichter und das Schöffengericht.

Der Strafrichter ist als Einzelrichter tätig. Er darf zu Geldstrafen und zu Freiheitsstrafen verurteilen – allerdings nur bis zu vier Jahren Freiheitsstrafe. Typische Fälle vor dem Strafrichter betreffen kleinere Diebstähle, Betrug, Beleidigung, Straßenverkehrsdelikte oder auch Körperverletzungen.

In bestimmten Fällen kann der Strafrichter in einem schriftlichen Verfahren verurteilen und einen „Strafbefehl“ erlassen. Dieser steht einem Urteil gleich. Gegen einen Strafbefehl kann der Betroffene Einspruch einlegen – dann verhandelt das Gericht wie nach einer Anklage.

Verbrechen und Vergehen, bei denen mehr als zwei Jahre Freiheitsstrafe zu erwarten sind, werden vor dem Schöffengericht verhandelt. Auch dieses darf bis zu vier Jahre Freiheitsstrafe verhängen. Das Schöffengericht besteht aus zwei Schöffen, also ehrenamtlichen Richtern, und einem Berufsrichter. Bei der Urteilsfindung haben die Schöffen die gleichen Rechte wie der Berufsrichter. Typische Fälle vor einem Schöffengericht betreffen räuberischen Diebstahl, Einbruchsdiebstahl, vorsätzliche Brandstiftung oder Sexualdelikte.

Die nächste Instanz ist für die Berufung das Landgericht, das die Feststellungen zum Sachverhalt („was ist passiert“?) und die rechtliche Beurteilung (welche gesetzliche Vorschrift ist anzuwenden?) überprüft. Sofern ein Urteil nur rechtlich überprüft werden soll, kann das Oberlandesgericht angerufen werden (Revision).

Daneben gibt es auch noch das Jugendgericht – das Strafgericht für Jugendliche und „Heranwachsende“ (das sind Menschen von 18 bis 21 Jahren).

Auch hier gibt es den Einzelrichter, der dann „Jugendrichter“ heißt, und das „Jugendschöffengericht“.

Der Jugendrichter ist immer dann zuständig, wenn die Staatsanwaltschaft voraussichtlich keine Jugendstrafe, sondern nur ein sog. „Zuchtmittel“ beantragen will. Zuchtmittel sind Verwarnungen und Auflagen mit einer gewissen Sühneleistung (z.B. zu gemeinnütziger Arbeit oder Zahlung eines Geldbetrages an eine gemeinnützige Organisation) oder auch Jugendarreste. Jugendarreste sind kurzzeitige Freiheitsentziehungen mit erzieherischem Charakter. Eine Jugendstrafe kommt immer dann in Betracht, wenn das Gericht „schädliche Neigungen“ erkennt oder wenn die Schuld besonders schwer wiegt.

Außerdem ist das Amtsgericht noch zuständig für Einsprüche in Ordnungswidrigkeitenverfahren. Wichtigste Fälle sind hier Straßenverkehrsverstöße, z. B. wenn man am Steuer mit dem Handy telefoniert hat. Solche Taten, die von den zuständigen Verwaltungsbehörden (z. B. einer Gemeinde) nach dem Ordnungswidrigkeitengesetz mit Geldbußen geahndet werden, kann der Bürger mit einem Einspruch anfechten. Dann prüft das Amtsgericht die Rechtmäßigkeit des verhängten Bußgeldes.

II. Zivilrechtspflege

Rechtliche Streitigkeiten zwischen Bürgern untereinander werden bei den Amtsgerichten geführt, wenn der Wert des Streitgegenstandes einen bestimmten Betrag nicht übersteigt. Typische Fragen im Zivilrecht sind: Ist eine gekaufte Sache mangelhaft? Wer zahlt für einen Schaden nach einem Verkehrsunfall? Hat der Handwerker ordentlich gearbeitet oder muss er nachbessern?

In manchen Fällen ist das Amtsgericht auch wertunabhängig für den Rechtsstreit zuständig. Praktisch wichtigstes Beispiel hierfür sind Streitigkeiten über Wohnraummiete.

Urteile können mit der Berufung zum Landgericht angefochten werden, wenn der Wert des Unterliegens eine bestimmte Summe übersteigt.

Wenn man ein Urteil erstritten hat und der Gegner seinen Pflichten nicht nachkommt, muss man die Zwangsvollstreckung betreiben. Hierfür ist das Amtsgericht auch Vollstreckungsgericht. Außerdem sind bei ihm auch die Gerichtsvollzieher angesiedelt, die sich um die Durchsetzung von Ansprüchen kümmern.

III. Familiensachen und Freiwillige Gerichtsbarkeit

Unter dem Stichwort „Freiwillige Gerichtsbarkeit“ werden verschiedene Verfahren zusammengefasst, für die es eine eigene Verfahrensordnung gibt.

Zum Beispiel Verfahren aus dem Familienrecht. Bei einem Amtsgericht werden wichtige Fragen wie eine Ehescheidung entschieden, aber auch Fragen zum Sorgerecht und zum Umgang mit Kindern, Adoptionen oder zu Gewaltschutzanordnungen.

Amtsgerichte sind auch Betreuungsgerichte. Wer aufgrund seines Alters oder einer Krankheit nicht mehr in der Lage ist, alle Angelegenheiten zu regeln, kann einen Betreuer zur Unterstützung bekommen. Das Amtsgericht entscheidet, ob eine Betreuung nötig ist und welche Aufgaben der Betreuer übernehmen soll.

Darüber hinaus werden bei den Amtsgerichten viele Register geführt. Ein wichtiges Register ist das Grundbuch, in dem für jedes Grundstück verzeichnet ist, wer dessen Eigentümer ist.

Für das Geschäftsleben ist das Handelsregister wichtig. Hier werden für viele Gesellschaftsformen Aufzeichnungen vorgenommen, etwa über Geschäftsführer und Prokuristen oderdie Satzung.

Ähnlich verhält es sich mit dem Vereinsregister, in das Vereine eingetragen werden können.

Wichtig ist auch das Nachlassgericht. Wer erbt und dies nachweisen möchte, braucht einen Erbschein, der beim Amtsgericht ausgestellt werden kann. Das Gericht prüft, ob die Voraussetzungen für einen solchen Erbschein vorliegen. Auch wenn man nicht erben möchte (beispielsweise dann, wenn die Erbschaft überschuldet ist) braucht man das Nachlassgericht: hier muss man dann die Ausschlagung erklären.

Das Nachlassgericht kann auch Testamente und Erbverträge verwahren. Es hat auch noch viele weitere Aufgaben und kümmert sich auch dann um Erbschaften, wenn die Erben unbekannt sind.

Schließlich sind die Amtsgerichte auch Insolvenzgerichte.

Aufgaben der Amtsgerichte in Leichter Sprache

Aufgaben der Amtsgerichte - Zivilrecht und vieles mehr - Video in Deutscher Gebärdensprache

 

Aufgaben der Amtsgerichte - Strafrecht - Video in Deutscher Gebärdensprache

 

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