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Sanktionensystem
IV. Maßregeln der Besserung und Sicherung (§§ 61 ff. StGB)
Dieser Abschnitt gibt einen Überblick über die verschiedenen strafrechtlichen Sanktionsformen.
Das Gesetz unterscheidet zwischen
- Hauptstrafen (Geld- und Freiheitsstrafe)
- Nebenstrafe (Fahrverbot)
- Maßregeln der Besserung und Sicherung (§ 61 ff. StGB)
- Einziehung von Taterträgen (§ 73 ff. StGB) sowie von Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten als Maßnahmen eigener Art im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 8 StGB
- Nebenfolgen.
Geld- und Freiheitsstrafe stellen die Hauptstrafen im Erwachsenenstrafrecht dar.
1. Freiheitsstrafe (§§ 38 f. StGB)
Das Gesetz unterscheidet zwischen zeitiger und lebenslanger Freiheitsstrafe.
Lebenslange Freiheitsstrafe wird nur von wenigen Straftatbeständen wie z. B. dem Mord (§ 211 StGB) angedroht.
Die zeitige Freiheitsstrafe beträgt zwischen einem Monat und 15 Jahren. Freiheitsstrafe unter einem Jahr wird in vollen Wochen und Monaten, Freiheitsstrafe von längerer Dauer nach vollen Monaten und Jahren bemessen.
Kurze Freiheitsstrafen unter sechs Monaten verhängt das Gericht nur, wenn die Verhängung einer Geldstrafe nicht ausreichend erscheint. Dies ist der Fall, wenn besondere Umstände, die in der Tat oder der Persönlichkeit des Täters liegen, die Verhängung einer Freiheitsstrafe zur Einwirkung auf den Täter oder zur Verteidigung der Rechtsordnung unerlässlich machen (§ 47 Abs. 1 StGB).
Die Vollstreckung von Freiheitsstrafen kann das Gericht bis zu einer Dauer von 2 Jahren für eine Dauer von 2 bis 5 Jahren zur Bewährung aussetzen (§§ 56 ff. StGB).
Voraussetzung ist, dass das Gericht dem Angeklagten eine positive Sozialprognose stellt. Eine positive Sozialprognose liegt vor, wenn dem Angeklagten nach Einschätzung des Gerichts bereits die Verurteilung zu einer Bewährungsstrafe eine ausreichende Warnung ist und er künftig auch ohne Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird.
Die Vollstreckung von Freiheitsstrafen ab einer Dauer von sechs Monaten setzt das Gericht nicht zur Bewährung aus, wenn die Verteidigung der Rechtsordnung die Vollstreckung der Freiheitsstrafe gebietet. Dies kann etwa bei einer Häufung unter Umständen für sich gesehen auch geringfügiger Straftaten der Fall sein (z. B. notorische „Schwarzfahrer“ oder Ladendiebe).
Freiheitsstrafen ab einer Dauer von mehr als einem Jahr können darüber hinaus nur dann zur Bewährung ausgesetzt werden, wenn besondere Umstände in der Tat oder Persönlichkeit des Täters liegen. Solch besondere Umstände können z. B. in einem von Reue getragenen Geständnis liegen.
Setzt das Gericht die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe zur Bewährung aus, kann es dem Angeklagten aufgeben, innerhalb der Bewährungszeit bestimmte Auflagen (z. B. Arbeits- oder Geldleistungen) zu erfüllen oder bestimmten Weisungen nachzukommen. Das Gericht kann den Angeklagten auch der Aufsicht und Leitung eines Bewährungshelfers unterstellen.
Begeht der Verurteilte in der Bewährungszeit keine neuen Straftaten und kommt er den Auflagen und Weisungen nach, erlässt das Gericht nach Ablauf der Bewährungszeit die Strafe.
Wird der Angeklagte zu einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung verurteilt, besteht die Möglichkeit einer vorzeitigen Entlassung.
Diese Möglichkeit besteht in der Regel ab einer Verbüßung von zwei Dritteln der verhängten Freiheitsstrafe (§ 57 Abs. 1 StGB).
Bei sich erstmals in Haft befindlichen Personen (sog. „Erstverbüßer“) ist unter bestimmten Voraussetzung eine vorzeitige Entlassung bereits nach Verbüßung der Hälfte der verhängten Freiheitsstrafe möglich (§ 57 Abs. 2 StGB).
Bei lebenslanger Freiheitsstrafe kommt eine solche Entlassung erst nach Verbüßung von 15 Jahren in Betracht, wenn nicht die besondere Schwere der Schuld die weitere Vollstreckung der Freiheitsstrafe gebietet (§ 57a Abs. 1 StGB).
Eine vorzeitige Entlassung setzt stets voraus, dass dem Verurteilten eine günstige Prognose gestellt werden kann. Im Rahmen der Prognose findet eine Abwägung zwischen den zu erwartenden Wirkungen des bereits erlittenen Vollzugs und dem Sicherheitsinteresse der Allgemeinheit statt. Sind von dem Verurteilten trotz der Einwirkung des Strafvollzugs noch gewichtige Straftaten zu erwarten, wird eine vorzeitige Entlassung regelmäßig nicht verantwortet werden können.
In den Fällen einer vorzeitigen Entlassung aus der Haft wird der Rest der noch zu vollstreckenden Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt.
Begeht der Täter während der Bewährungszeit keine neuen Straftaten und kommt er den ihm erteilten Auflagen und Weisungen nach, wird die Reststrafe erlassen.
2. Geldstrafe (§§ 40-43 StGB)
Die Geldstrafe wird in Tagessätzen verhängt, die sich aus der Anzahl und der Höhe der Tagessätze errechnet.
Die Anzahl der Tagessätze beträgt mindestens fünf und, wenn das Gesetz nichts anderes bestimmt, höchstens dreihundertsechzig Tagessätze.
Die Anzahl der Tagessätze bestimmt das Gericht anhand der vom Angeklagten verwirklichten Schuld und den Wirkungen der Strafe auf ihn.
Die Höhe eines Tagessatzes richtet sich hingegen nach den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Täters.
Das Gericht geht dabei grundsätzlich von dem Nettoeinkommen aus, das der Täter durchschnittlich an einem Tag zur Verfügung hat oder haben könnte. Bestimmte Belastungen, wie z. B. Unterhaltsverpflichtungen, werden bei der Berechnung abgezogen.
Zu zahlen hat der Verurteilte letztlich, was sich nach Multiplikation von Anzahl und Höhe der festgesetzten Tagessätze ergibt (Beispiel: 50 Tagessätze zu je 30 € = 1500 €).
Kann der Täter die Geldstrafe nicht auf einmal bezahlen, kann das Gericht ihm gestatten, die Geldstrafe in Raten zu zahlen (§ 42 StGB). Dies kann auch noch die Staatsanwaltschaft in dem auf eine Verurteilung folgenden Vollstreckungsverfahren tun (§ 459a StPO).
Kann die Geldstrafe nicht beigetrieben werden, kann die Staatsanwaltschaft die Vollstreckung einer Ersatzfreiheitsstrafe anordnen (§ 459e StPO). Zwei Tagessätze entsprechen dabei einem Tag Haft.
Der Verurteilte hat die Möglichkeit, die Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe abzuwenden, indem er gemeinnützige Arbeit leistet (Programm „Schwitzen statt Sitzen“; Art. 293 EGStGB in Verbindung mit der Verordnung über die Abwendung der Vollstreckung von Ersatzfreiheitsstrafe durch freie Arbeit vom 19.04.1996, ErsFrhStrAbwV ND, Nds. GVBl. 1996, 215).
In besonderen Ausnahmefällen kann das Gericht die Vollstreckung von Geldstrafen auch „zur Bewährung aussetzen“.
Das Gesetz nennt diese Möglichkeit „Verwarnung mit Strafvorbehalt“ (§ 59 StGB).
Voraussetzungen sind, dass auch ohne Verurteilung zu einer Geldstrafe keine neuen Straftaten zu erwarten sind und weitere besondere Umstände vorliegen.
Das Gericht stellt in diesen Fällen die Schuld des Angeklagten fest, verwarnt ihn, bestimmt die Geldstrafe und behält sich die Verurteilung zu dieser Strafe vor.
Die Geldstrafe wird nur verhängt, wenn sich der Verurteilte nicht bewährt, insbesondere wenn er gegen ihm erteilte Auflagen verstößt oder innerhalb der Bewährungszeit erneut Straftaten begeht.
Die Nebenstrafe stellt eine unselbständige Sanktionsform dar. Das Gericht kann sie nicht alleine, sondern nur neben einer Hauptstrafe verhängen. Wichtigste Nebenstrafe ist das Fahrverbot (§ 44 StGB). Das Gericht kann dem Angeklagten für die Dauer von einem bis zu sechs Monaten verbieten, Kraftfahrzeuge im Straßenverkehr zu führen.
Die Fahrerlaubnis geht infolge des Fahrverbots nicht verloren, der Führerschein wird jedoch für die Zeit des Verbotes amtlich verwahrt.
IV. Maßregeln der Besserung und Sicherung (§§ 61 ff. StGB)
Maßregeln der Besserung und Sicherung dienen unabhängig von der Schuld des Täters seiner Besserung oder dem Schutz der Allgemeinheit. Sie können auch unabhängig von einer Hauptstrafe, die ein schuldhaftes Handeln des Täters erfordert, verhängt werden.
Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist mit Ausnahme der Entziehung der Fahrerlaubnis bei allen Maßregeln besonders zu beachten (§ 62 StGB).
Der Eingriff, den eine Maßregel darstellt, ist nur dann gerechtfertigt, wenn die Gefahr, die von dem Täter ausgeht, so groß ist, dass ihm ein solcher Eingriff im überwiegenden Interesse der Allgemeinheit zuzumuten ist. Dies gilt insbesondere, wenn er ohne Schuld gehandelt hat.
Das Gesetz unterscheidet freiheitsentziehende und sonstige Maßregeln.
Freiheitsentziehende Maßregeln sind:
- Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 StGB)
- Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB)
- Unterbringung in der Sicherungsverwahrung (§ 66 StGB).
- Führungsaufsicht (§§ 68 ff. StGB)
- Entziehung der Fahrerlaubnis (§§ 69 ff. StGB)
- Berufsverbot (§§ 70 ff. StGB)
Das Gesetz unterscheidet zwischen
- Einziehung von Taterträgen und Einziehung des Wertes von Taterträgen (§ 73 ff., 73c ff. StGB) und
- Einziehung von Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten (§§ 74 ff. StGB).
1. Einziehung von Taterträgen und Einziehung des Wertes von Taterträgen (§ 73 ff., 73c ff. StGB)
- Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht die Einziehung des Erlangten an.
- Erfasst werden Tatengelte (z. B. Bestechungsgelder, Tatlohn), Tatgewinne (z. B. Geld aus Drogenverkauf) oder Tatbeute (z. B. Diebesgut).
- Ist die Einziehung des Erlangten wegen dessen Beschaffenheit nicht möglich, wird ein Geldbetrag, der dem Wert des Erlangten entspricht, eingezogen.
- Der Einziehung liegt der Gedanke zu Grunde, dass sich Verbrechen nicht lohnen sollen. Der Täter soll daher mit der Tat zusammenhängende Vorteile nicht behalten dürfen.
- Gehört die eingezogene Sache dem Täter, geht das Eigentum an dieser zunächst auf den Staat über.
- Gibt es einen Tatverletzten, der das Eigentum an dem Gegenstand durch die Tat verloren hat, wird diesem das Eigentum später zurückübertragen.
- Ebenfalls eingezogen werden Tatprodukte (z. B. gefälschte Urkunden oder Geldscheine) und Tatmittel (z. B. Einbruchswerkzeuge).
- Tatobjekte werden nur eingezogen, wenn deren Einziehung durch besondere Vorschriften geregelt wird.
- Solche Tatobjekte sind Gegenstände, auf die sich eine Straftat bezieht. Der Gegenstand wird hierbei notwendigerweise zur Begehung der Tat benötigt (z. B. das benutzte Kraftfahrzeug beim Straftatbestand des Fahrens ohne Fahrerlaubnis, § 21 Abs. 3 StVG; die unbefugt besessene Waffe, § 54 Waffengesetz).
Nebenfolgen sind Folgen einer Straftat, die keinen Strafcharakter haben.
Sie sind abhängig von einer Hauptstrafe.
Nebenfolgen treten entweder kraft Gesetzes als Konsequenz einer verhängten Hauptstrafe oder kraft richterlicher Anordnung ein.
Beispiele für Nebenfolgen sind etwa der Verlust der Amtsfähigkeit, der Wählbarkeit und des Stimmrechts (§§ 45 ff. StGB) oder die Bekanntgabe der Verurteilung in Beleidigungsfällen (§ 200 StGB).