Mediation bei der Güterichterin bzw. beim Güterichter
Seit Jahren bietet die niedersächsische Arbeitsgerichtsbarkeit Mediation als alternative Konfliktlösungsmöglichkeit an. Denn auch wenn sie sich mit ihrem Rechtsstreit bereits vor einem niedersächsischen Arbeitsgericht oder dem Landesarbeitsgericht Niedersachsen befinden, ist es noch möglich, im Rahmen einer Mediation gemeinsam gute Lösungen zur Beilegung des Konflikts zu finden.
Motivation für eine Mediation
Besonders in Fällen, in denen ehemals gute persönliche oder geschäftliche Beziehungen durch den Streit verloren zu gehen drohen und sich die Fronten nur noch verhärten, kann mit Hilfe einer Mediation der Weg zurück an den Verhandlungstisch und zu einem vernünftigen Miteinander gefunden werden.
Gesetzliche Grundlage für das Güterichterverfahren
Die gesetzliche Grundlage für die Mediation in der Arbeitsgerichtsbarkeit findet sich in § 54 Abs. 6 ArbGG. Nach dieser Vorschrift können die Parteien für die Güteverhandlung sowie für weitere Güteversuche an einen hierfür bestimmten und nicht entscheidungsbefugten Richter (Güterichter) verweisen werden.
In der niedersächsischen Arbeitsgerichtsbarkeit stehen Ihnen speziell für die Mediation ausgebildete, erfahrene Richterpersönlichkeiten zur Verfügung.
Unterschied zur obligatorischen Güteverhandlung
Die Mediation im Rahmen des als Güterichterverfahren bezeichneten Zusammentreffens ist nicht zu verwechseln mit der im Arbeitsgerichtsverfahren obligatorischen und in aller Regel in öffentlicher Verhandlung stattfindenden Güteverhandlung.
Bei einer Mediation im Güterichterverfahren werden die Streitparteien in nicht öffentlicher Verhandlung unterstützt, selbst eine einvernehmliche Lösung ihres Konflikts zu finden. Dabei hilft die Güterichterin oder der Güterichter ihnen, Streitpunkte zu identifizieren und Lösungsoptionen zu erarbeiten. Die Entscheidung liegt jedoch ausschließlich in den Händen der beteiligten Parteien, die in der Regel selbst am besten wissen oder erarbeiten können, wie der Konflikt zu lösen ist. Besonders wichtig ist, dass bei Mediationen – anders als bei der obligatorischen Güteverhandlung – niemals eine für die streitige Entscheidung des Falls zuständige Richterpersönlichkeit mitwirkt.
Im Gegensatz dazu wird in der obligatorischen Güteverhandlung das Streitverhältnis erörtert und die Vergleichsverhandlungen sind häufig durch die vorläufige Rechtsauffassung des oder der Vorsitzenden geprägt. Grundsätzlich handelt es sich bei der obligatorischen Güteverhandlung um eine öffentlich stattfindende Verhandlung.
Wann kann ich mich für ein Güterichterverfahren entscheiden?
Die Parteien und Beteiligten können sich auch nach einer gescheiterten Güteverhandlung oder auch im Rahmen der Kammerverhandlung noch für die Durchführung der Mediation entscheiden. Dieses muss jedoch im Einvernehmen mit der Gegenseite geschehen, da eine Grundvoraussetzung für das Gelingen einer Mediation die Freiwilligkeit auf beiden Seiten ist.
Die Mediation gliedert sich in aller Regel in folgende fünf Phasen:
Vereinbarung der Grundlagen
Zunächst werden die Grundlagen für die Zusammenarbeit zwischen den Konfliktparteien und dem Güterichter oder der Güterichterin festgelegt. Dabei werden für das Gelingen der Mediation wichtige Verhaltensregeln, wie z.B. Freiwilligkeit, Vertraulichkeit und Organisation des Verfahrensablaufs gemeinsam aufgestellt und etwaig offene Fragen geklärt.
Darstellung der Positionen der Parteien
Die Konfliktparteien erhalten gleichermaßen Raum und Zeit, ihre jeweilige Sichtweise des Konflikts darzustellen. Dabei ist es Aufgabe des Güterichters oder der Güterichterin sicherzustellen, dass jede Partei richtig verstanden worden ist und sich auch richtig verstanden fühlt.
Bearbeitung des Konflikts
Diese Phase dient der Erhellung der hinter dem Konflikt liegenden Bedürfnisse, Interessen und Ziele, und damit dem weiteren Verständnis der Parteien untereinander. Dabei wird versucht, den Parteien durch aktives Zuhören dabei zu helfen, das hinter ihren jeweiligen Klagezielen liegende Interesse aufzudecken. Dadurch kommt es häufig zu einem Anwachsen von Lösungsmöglichkeiten, die die Parteien im Rahmen des streitigen Verfahrens nicht entdeckt haben.
Lösungsmöglichkeiten erarbeiten
Durch unterschiedliche Techniken werden Lösungsideen zusammengetragen. Die Parteien selbst bewerten und prüfen die zusammengetragenen Lösungsmöglichkeiten, um gemeinsam diejenigen herauszufinden, welche am ehesten zu dauerhaften und tragfähigen Lösungen des Konflikts führen.
Vereinbarung schließen
Die Parteien einigen sich auf die für beide beste gemeinsame Lösung.
Die Phase dient zudem der Erstellung und Überprüfung einer schriftlichen Lösungsvereinbarung (Vergleich).
Grundsätze und Ziele
Die Mediation im Güterichterverfahren ist von folgenden Grundsätzen geprägt:
Freiwilligkeit
Die Grundlage eines erfolgreichen Güterichterverfahrens ist der freie Wille der Parteien, den Konflikt einvernehmlich lösen zu wollen. Die Anregung zur Durchführung einer Mediation kommt entweder von den Parteien selbst oder vom Gericht.
Vertraulichkeit und Nichtöffentlichkeit
Für den Erfolg einer Mediation ist es von grundlegender Bedeutung, dass die Gespräche in einer offenen, vertrauensvollen Atmosphäre geführt werden. Aus diesem Grund kann es sehr wichtig sein, dass Inhalt und Ablauf der Güterichterverhandlung vertraulich bleiben und die Parteien sich in nicht öffentlicher Verhandlung austauschen.
Neutralität
Die Mediatorin und der Mediator sind beiden Parteien gleichermaßen verpflichtet und haben die Aufgabe, sich unvoreingenommen und allparteilich darauf zu konzentrieren, die Sicht beider Seiten zu verstehen und ihnen zu helfen, einander (besser) zu verstehen. Für den Fall des Scheiterns der Mediation sind sie niemals zur Entscheidung im streitigen Verfahren berufen.
Informiertheit und Offenheit
Ziel der Mediation ist eine Lösung des Konflikts, also in aller Regel eine Vereinbarung der Parteien, mit der die aufgetretenen Probleme für die Zukunft gelöst werden. Um eine solche Vereinbarung erarbeiten zu können, müssen beide Seiten über den zugrundeliegenden Sachverhalt und die maßgeblichen Bedingungen hinreichend informiert sein.
Eigenverantwortlichkeit
In der Mediation sollen die Parteien ihren Konflikt selbst bearbeiten und eigene, auf ihre spezielle Situation passende Antworten für die Konfliktlösung finden. Sie sind die Experten in eigener Sache. Güterichter und Güterichterinnen sind für die Lösung des Konflikts nicht verantwortlich und für die Entscheidung des Streits keinesfalls zuständig (§ 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG in Verbindung mit § 41 Nr. 8 ZPO). Vielmehr sind es die Parteien, die selbst eine Einigung aushandeln und herbeiführen.
Vorteile der Mediation bei dem/r Güterichter/in
Gegenüber einer streitigen gerichtlichen Entscheidung bestehen insbesondere folgende Vorteile der Mediation beim Güterichter/ bei der Güterichterin:
- Selbstbestimmung der Parteien
- Vertraulichkeit und Nichtöffentlichkeit
- Planungssicherheit für die Parteien
- Berücksichtigung der Standpunkte, Interessen und Ziele der Parteien
- Zukunftsorientierte Lösungen
- Hohe Erfolgschancen
- Erhaltung, Wiederherstellung oder Neugestaltung der Beziehung
- Kostenersparnis
- Ersparnis an emotionalen Kosten, Steigerung der Zufriedenheit
- Positive persönliche Konflikterfahrung
- Zeitersparnis durch kurzfristige Terminanberaumung und Entfallen aufwändiger Schriftsätze
- Erzielung nachhaltiger Ergebnisse
- "Eine zunächst streitige Problemlage durch eine einverständliche Lösung zu bewältigen, ist auch in einem Rechtsstaat grundsätzlich vorzugswürdig gegenüber einer richterlichen Streitentscheidung." Bundesverfassungsgericht vom 14.02.2007, 1 BvR 1351/01
Ablauf der Mediation im Güterichterverfahren
Der Ablauf der Mediation im Güterichterverfahren in der niedersächsischen Arbeitsgerichtsbarkeit entspricht im Wesentlichen den vorstehenden allgemeinen Angaben. Der Vorschlag für die Durchführung eines Güterichterverfahrens kann nicht nur von der für die streitige Entscheidung zuständigen Kammer erfolgen. Vielmehr kann die Initiative ebenso von den Parteien selbst oder den sie vertretenden Rechtsanwälten oder Verbandsvertretern ausgehen.
Ein Vertretungszwang besteht für die Güterichterverfahren vor den Arbeitsgerichten nicht. Die Vertretung durch einen Rechtsanwalt oder Verbandsvertreter ist jedoch in vielen Fällen sinnvoll. Der Vertretungszwang, der für die Verfahren vor dem Landesarbeitsgericht besteht, gilt dort regelmäßig auch für die Durchführung einer Mediation im Güterichterverfahren.
Sobald alle Beteiligten mit der Durchführung des Güterichterverfahrens einverstanden sind, wird ein - in aller Regel zeitnaher - Termin vereinbart. Dieser dauert üblicher Weise nicht länger als zwei bis vier Stunden. Nur ausnahmsweise ist es geboten und sinnvoll, einen zweiten Verhandlungstermin zu vereinbaren.
Die Güterichterverhandlung ist nicht öffentlich. Über Inhalt und Ablauf wird gemäß § 159 Abs. 2 S. 2 ZPO nur auf ausdrücklichen, übereinstimmenden Antrag der Beteiligten ein Protokoll erstellt.
Kommt es zu einer Einigung der Beteiligten, wird diese in aller Regel protokolliert und somit eine schriftliche Vereinbarung geschlossen. Dabei kann ein Vergleich nach § 794 Abs.1 Nr. 1 ZPO beurkundet werden, aus dem die Beteiligten gegebenenfalls direkt vollstrecken können. Ist das Güterichterverfahren nicht erfolgreich, wird das Verfahren an die für die streitige Entscheidung zuständige Kammer zurückgegeben, die den Prozess fortsetzt.
Wegen der bestehenden Verschwiegenheitsverpflichtung darf und wird der Güterichter und die Güterichterin die für die Streitentscheidung zuständigen Richterinnen und Richter in keiner Weise über irgendwelche Inhalte und den Ablauf der Güterichterverhandlung informieren.
Durch die Inanspruchnahme des Güterichterverfahrens entstehen keine zusätzlichen Gerichtskosten. Vielmehr werden die Kosten potentieller Rechtsmittelinstanzen sogar eingespart.
Kosten für Zeugen, Sachverständige und sonstige gerichtliche Auslagen entstehen nicht, da bei einer im Güterichterverfahren erzielten Einigung keine Beweisaufnahme durchgeführt wird.
Den beteiligten Rechtsanwälten steht für die Teilnahme am Mediationsgespräch eine Terminsgebühr zu. Diese entsteht aber auch im ordentlichen Verfahren und fällt nicht doppelt an. Kommt es zu einem Vergleich, kann darüber hinaus - wie bei einem Vergleich im streitigen Verfahren - eine Einigungsgebühr abgerechnet werden.
Güterichter:innen in der Arbeitsgerichtsbarkeit
Derzeit finden Güterichterverfahren an folgenden Schwerpunktgerichten statt:
Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Arbeitsgericht Emden
Arbeitsgericht Hildesheim
Arbeitsgericht Hameln
Arbeitsgericht Lüneburg
Arbeitsgericht Oldenburg
Arbeitsgericht Osnabrück
Arbeitsgericht Celle
Die Schwerpunktgerichte übernehmen Güterichterverfahren für andere Arbeitsgerichte in dem Rahmen, den die Geschäftsverteilungspläne vorsehen.
Derzeit stehen folgende, speziell geschulte Richterinnen und Richter der niedersächsischen Arbeitsgerichtsbarkeit als Güterichter und Güterichterinnen zur Verfügung:
- Bettina Rönnau, Direktorin des Arbeitsgerichts, Celle und Güterichterkoordinatorin
- Eike Calbow, Direktor des Arbeitsgerichts, Emden
- Ralf Ermel, Richter am Arbeitsgericht, Lüneburg, stellv. Direktor
- Christine Urban, Richterin am Arbeitsgericht, Lüneburg
- Gesine Lehmann, Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht
- Angelika Quentin, Richterin am Arbeitsgericht, Hildesheim
- Thomas Schrader, Richter am Arbeitsgericht, Osnabrück, stellv. Direktor
- Tobias Walkling, Vorsitzender Richter am Landesarbeitsgericht
- Matthias Rassau, Richter am Arbeitsgericht Oldenburg
- Frank-Alexander Hermann, Richter am Arbeitsgericht Hameln