Rechtsanwalt Henning Schröder
Verfahrensordnung der
Gütestelle Handels- und Gesellschaftsrecht
Rechtsanwalt Henning Schröder
Präambel
Die Gütestelle Handels- und Gesellschaftsrecht (im Folgenden „Gütestelle“) ist eine staatlich anerkannte Gütestelle im Sinne des § 794 Abs. 1 Nr. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) in Verbindung mit §§ 97ff. des Niedersächsischen Justizgesetzes (NJG).
Die Beziehungen der Beteiligten richten sich bei Anrufung der Gütestelle nach dieser Verfahrensordnung, sofern die Parteien nicht im Einzelfall eine abweichende Vereinbarung treffen.
Teil I Zuständigkeit und Verfahrensgrundsätze
§ 1 Zuständigkeit und Anerkennung der Verfahrensordnung
(1) Die Gütestelle ist zuständig für Streitigkeiten, die ihren Schwerpunkt im Bereich des Handels- und Gesellschaftsrechts haben. Die örtliche Zuständigkeit besteht, wenn eine Partei ihren Sitz oder eine Niederlassung in der Bundesrepublik Deutschland hat.
(2) Mit der Einreichung des Antrages auf Durchführung des Güteverfahrens erkennt der Antragsteller diese Verfahrensordnung an. Der Antragsgegner oder sonstige Beteiligte erkennen diese Verfahrensordnung mit ihrer Erklärung über die Zustimmung zur Durchführung des Verfahrens an.
§ 2 Unabhängigkeit der Gütestelle
(1) Die Gütestelle ist unabhängig und zur Neutralität verpflichtet. Sie darf nicht in Angelegenheiten tätig werden, in denen sie selbst Partei ist oder zu einer Partei in dem Verhältnis einer Mitberechtigung, Mitverpflichtung oder Regressverpflichtung steht. Ferner darf sie nicht tätig werden
a) in Angelegenheiten der Ehegattin, des Ehegatten, der Lebenspartnerin oder des Lebenspartners oder der oder des Verlobten, auch wenn die Ehe, die Lebenspartnerschaft oder das Verlöbnis nicht mehr besteht,
b) in Angelegenheiten einer Person, mit der sie in gerader Linie verwandt oder verschwägert, in der Seitenlinie bis zum dritten Grad verwandt oder bis zum zweiten Grad verschwägert ist oder war,
c) in Angelegenheiten einer Person, mit der sie sich zur gemeinsamen Berufsausübung verbunden hat oder gemeinsame Geschäftsräume nutzt,
d) in Angelegenheiten, in denen sie oder eine Person im Sinne des Buchstabens c als Prozessbevollmächtigte oder Beistand einer Partei bestellt oder als gesetzlicher Vertreter einer Partei oder als Insolvenzverwalter, Zwangsverwalter, Testamentsvollstrecker, Ergänzungspfleger oder in ähnlicher Funktion aufzutreten berechtigt ist oder war,
e) in Angelegenheiten, in denen sie oder eine Person im Sinne des Buchstabens c eine Partei vor Beginn der Güteverhandlung beraten hat, und
f) in Angelegenheiten einer Person, bei der sie oder eine Person im Sinne des Buchstabens c gegen Entgelt beschäftigt oder als Mitglied der Geschäftsführung, des Vorstandes, des Aufsichtsrates oder eines gleichartigen Organs tätig ist.
(2) Die Gütestelle ist nicht berechtigt, eine Partei in einer Angelegenheit, die Gegenstand des Güteverfahren ist, anwaltlich zu vertreten oder zu beraten. Dies gilt auch für Personen, die mit der Gütestelle zur gemeinsamen Berufsausübung verbunden sind. Das Verbot der Parteivertretung gilt auch nach Abschluss des Güteverfahrens.
§ 3 Verfahrensgrundsätze
(1) Die Gütestelle unterstützt die Parteien dabei, eine ihren Interessen entsprechende eigenverantwortliche Vereinbarung zu erarbeiten. Die Gütestelle kann die Methoden der Mediation sowie alle anderen Methoden der Konfliktbeilegung nach ihrem freien Ermessen einsetzen. Die Gütestelle kann auf Verlangen der Parteien unverbindliche Lösungsvorschläge unterbreiten und rechtliche Einschätzungen äußern.
(2) Verfahrenssprache ist Deutsch.
§ 4 Vertraulichkeit und Verwertungsverbot
Das Verfahren ist vertraulich. Die Gütestelle ist hinsichtlich aller Tatsachen, die den Gegenstand des Güteverfahrens betreffen zur Verschwiegenheit verpflichtet. Vorbehaltlich entgegenstehender gesetzlicher Regelungen kann die Gütestelle über Vorgänge aus dem Güteverfahren nicht als Zeuge in einem nachfolgenden Gerichts- oder Schiedsgerichtsverfahren vernommen werden. Die Parteien verpflichten sich, sich in einem nachfolgenden Gerichts- oder Schiedsgerichtsverfahren nicht auf das Zeugnis der Gütestelle als Beweismittel zu berufen.
§ 5 Verjährung
Die Einreichung des Güteantrages bei der Gütestelle unter Anerkennung des Verfahrensordnung der Gütestelle hemmt nach § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB die Verjährung, wenn die Bekanntgabe an den Antragsgegner demnächst erfolgt. Im Übrigen bleiben die Bestimmungen des BGB über die Verjährung unberührt. Die Einhaltung von gesetzlichen oder vertraglichen Ausschlussfristen ist mit der Einreichung des Güteantrages – vorbehaltlich einer abweichenden Vereinbarung der Parteien oder eines Gesellschaftsvertrages – nicht verbunden.
Teil II Verfahren
§ 6 Antrag
(1) Das Verfahren wird auf Antrag einer Partei eingeleitet. Der Antrag ist schriftlich, per Telefax oder per E-Mail bei der Gütestelle unter der Adresse
Gütestelle Handels- und Gesellschaftsrecht
Rechtsanwalt Henning Schröder
Hildesheimer Str. 25
30169 Hannover
Tel.: +49 511 6007787
Fax +49 511 6007788
E-Mail: anwalt@rakanzlei-hs.de
zu stellen. Die Einreichung des Antrages kann auch über das besondere elektronische Anwaltspostfach (§§ 31a, 31b der Bundesrechtsanwaltsordnung) erfolgen.
Soweit vorhanden, ist auch eine Erklärung des Antragsgegners beizufügen, aus der sich das Einverständnis mit der Durchführung des Güteverfahrens ergibt.
Der Antrag ist von dem Antragsteller oder einem Bevollmächtigten zu unterschreiben. Im Falle der Bevollmächtigung kann die Gütestelle den Nachweis einer schriftlichen Vollmacht verlangen.
(2) Der Antrag hat folgende Angaben zu enthalten
a. Die Namen und ladungsfähigen Anschriften der Parteien und deren gesetzlichen Vertreter sowie ggf. der Verfahrensbevollmächtigten.
b. Kurze Darstellung des Gegenstandes der Angelegenheit oder den Entwurf einer Klageschrift.
c. Gegebenenfalls die Bezeichnung beizuziehender Dritter nebst Angabe ladungsfähiger Anschriften und ggf. gesetzlichen Vertreter.
Bei Streitigkeiten aus einem Gesellschaftsverhältnis sind sämtliche Gesellschafter als Antragsteller, Antragsgegner oder beizuziehende Beteiligte im Antrag anzugeben.
§ 7 Entscheidung über die Annahme
(1) Nach Eingang des Antrages teilt die Gütestelle dem Antragsteller die Annahme des Antrages oder die Ablehnung nach Abs. 2 mit. Im Falle der Annahme erfolgt die Bekanntgabe des Güteantrages an den Antragsgegner per Einwurf-Einschreiben.
(2) Die Gütestelle kann die Annahme des Antrages verweigern, wenn die Angelegenheit nach ihrer Einschätzung nicht in ihre Zuständigkeit nach § 1 fällt oder wenn ein Ausschlussgrund nach § 2 vorliegt. Im Falle der Ablehnung wird die Gütestelle dem Antragsteller innerhalb von drei Wochen ab Eingang des Antrages die Ablehnung des Antrages mitteilen.
§ 8 Zustimmungsverfahren
(1) Liegt bei Einleitung des Verfahrens die schriftliche Zustimmung des Antragsgegners zur Durchführung des Verfahrens nicht vor, so veranlasst die Gütestelle die Bekanntgabe des Antrages mit der Aufforderung innerhalb einer bestimmten Frist, die zwei Wochen nicht unterschreiten darf, die Zustimmung zur Durchführung des Güteverfahrens zu erteilen. Geht die Zustimmungserklärung des Antragsgegners nicht rechtzeitig zu oder verweigert der Antragsgegner die Zustimmung zur Durchführung des Verfahrens, so erteilt die Gütestelle eine Bescheinigung über das Scheitern des Güteverfahrens.
(2) Abs. 1 gilt sinngemäß für beizuziehende Beteiligte mit dem Unterschied, dass die Zustimmung hier keine Voraussetzung für die weitere Durchführung des Güteverfahrens ist.
(3) Bei einer Streitigkeit aus einem Gesellschaftsverhältnis kann die Gütestelle die Durchführung des Güteverfahrens auch dann ablehnen, wenn nicht alle Gesellschafter der Durchführung des Güteverfahrens zustimmen.
§ 9 Güteverhandlung
(1) Erklärt der Antragsgegner sein Einverständnis mit der Durchführung des Verfahrens, so kann die Gütestelle das weitere Verfahren nach eigenem Ermessen gestalten. Sie kann insbesondere einen Termin zur Durchführung einer Güteverhandlung anberaumen und/oder dem Antragsgegner eine Frist zur Erwiderung auf den Güteantrag setzen.
(2) Die Güteverhandlung ist nicht öffentlich. Sie soll in einem Termin durchgeführt werden. Die Gütestelle kann vertrauliche Einzelgespräche mit den Parteien führen.
(3) Die Parteien sollen zur Güteverhandlung persönlich erscheinen. Jede Partei kann einen Vertreter entsenden, wenn dieser zur Aufklärung des Sachverhaltes in der Lage und zum Abschluss eines Vergleiches bevollmächtigt ist.
(4) Jede Partei kann sich im Güteverfahren durch einen Rechtsanwalt oder einen sonstigen geeigneten Bevollmächtigten vertreten lassen. Für die Vertreter und Bevollmächtigten gelten die Bestimmungen zur Vertraulichkeit (§ 4) entsprechend.
(5) Die am Güteverfahren beteiligten Parteien erhalten Gelegenheit, selbst oder durch von ihnen beauftragte Personen Tatsachen und Rechtsansichten vorzubringen und sich zu dem Vorbringen der anderen Partei zu äußern.
(6) Die Gütestelle ist berechtigt, aber nicht verpflichtet Zeugen oder Sachverständige zu vernehmen. Die Kosten für mögliche Beweismittel trägt jede Partei selbst.
(7) Erscheint der Antragsteller unentschuldigt nicht zum Verhandlungstermin, so gilt der Antrag als zurückgenommen. Bei hinreichender Entschuldigung ist von der Gütestelle ein neuer Termin zu bestimmen. Erscheint der Antragsgegner unentschuldigt zum Verhandlungstermin nicht, so ist dem Antragsteller nach Ablauf von mindestens sieben Tagen nach dem Verhandlungstermin die Erfolglosigkeit des Einigungsversuches zu bescheinigen, es sei denn beide Parteien erklären innerhalb dieser Zeit, dass sie das Güteverfahren fortsetzen wollen.
§ 10 Beendigung des Verfahrens
(1) Das Güteverfahren endet
a. durch eine Vereinbarung der Parteien;
b. wenn eine Partei schriftlich gegenüber der Gütestelle erklärt, dass sie nicht in die Durchführung eines Güteverfahren einzutreten wünscht;
c. wenn eine Partei schriftlich gegenüber der Gütestelle erklärt, dass sie das Güteverfahren nicht fortsetzen will;
d. wenn der Antragsgegner nicht innerhalb der gesetzten Frist auf die Zustellung des Antrages reagiert;
e. wenn die Gütestelle gegenüber den Parteien das Verfahren durch schriftliche Erklärung für gescheitert erklärt;
f. wenn eine Partei der Aufforderung zur Einzahlung eines Kostenvorschusses nicht innerhalb der gesetzten Frist nachkommt.
(2) Über die Güteverhandlung wird ein Protokoll erstellt. Das Protokoll enthält:
a. Den Namen der Gütestelle
b. Ort und Tag der Verhandlung
c. Namen und Anschriften der Parteien nebst Angabe der Vertreter und Bevollmächtigten
d. Den Streitgegenstand
e. Den Zeitpunkt der Einreichung des Güteantrags, seiner Bekanntgabe, weiterer Verfahrenshandlungen sowie der Beendigung des Güteverfahrens
f. Die Vereinbarung der Parteien oder einen Vermerk über das Scheitern des Einigungsversuches
g. Die von der Gütestelle erhobenen Kosten
(3) Weitere Inhalte der Verhandlungen werden nur aufgenommen, wenn alle Parteien eine Protokollierung wünschen.
(4) Das Protokoll ist von der Gütestelle zu unterzeichnen. Jede Partei erhält eine Abschrift des Protokolls. Das Protokoll gilt als genehmigt, wenn nicht eine Partei innerhalb einer Frist von zwei Wochen widerspricht.
§ 11 Aufbewahrung von Unterlagen
Die Akten über das Güteverfahren werden von der Gütestelle für die Dauer von fünf Jahren nach Abschluss des Verfahrens aufbewahrt. Protokolle über vor der Gütestelle geschlossene Vergleiche werden für 30 Jahre aufbewahrt.
§ 12 Vollstreckung
(1) Aus protokollierten Vereinbarungen findet die Zwangsvollstreckung nach § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statt.
(2) Die Erteilung der Vollstreckungsklausel kann bei dem Amtsgericht Hannover beantragt werden (§ 797a ZPO). Auf Verlangen der Parteien kann die Gütestelle eine vorstreckbare Ausfertigung bei dem Amtsgericht Hannover anfordern.
Teil III Gebühren und Auslagen
§ 13 Kosten
(1) Die Vergütung der Gütestelle richtet sich nach dieser Verfahrensordnung. Alle nachstehenden Gebühren verstehen sich zzgl. Umsatzsteuer
(2) Die Verfahrensgebühr für die Annahme des Antrages und die Durchführung des Zustimmungsverfahrens beträgt € 300,00. Kommt das Verfahren nicht zustande, weil der Antragsgegner die Zustimmung verweigert, reduziert sich die Verfahrensgebühr auf € 55,00.
(3) Im Falle der Ablehnung des Antrages durch die Gütestelle (§ 7 Abs. 2) fallen keine Gebühren an.
(4) Die Gütestelle erhält für ihre Tätigkeit – einschließlich der Vor- und Nachbereitung der Güteverhandlungen – ein Zeithonorar in Höhe von € 300,00 je Stunde. Abgerechnet wird die tatsächlich angefallene Arbeitszeit. Kommt ein vereinbarter Verhandlungstermin nicht zustande, so entsteht für diesen Termin eine Gebühr in Höhe von € 250,00, wenn der Termin nicht mindestens 24 h vor seinem Beginn abgesagt wird.
(5) Bei Abschluss eines Vergleiches fällt eine Vergleichsgebühr in Höhe von € 1.000,00 an.
(6) Für die Erstattung von Auslagen und Reisekosten gelten die Bestimmungen des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) entsprechend. Die Gütestelle kann Kosten, die für die Anmietung von Räumlichkeiten außerhalb der Büroräume der Gütestelle entstehen als Auslagen geltend machen.
§ 14 Fälligkeit der Vergütung und Kostentragung
(1) Die Gebühren nach § 13 werden mit Beendigung des Verfahrens fällig. Die Gütestelle kann ihre Tätigkeit von der Zahlung eines angemessenen Kostenvorschusses abhängig machen.
(2) Die Parteien haften für die Kosten gem. § 13 als Gesamtschuldner. Die Gütestelle wird, soweit von den Parteien keine abweichende Vereinbarung getroffen wird, ihren Gesamtaufwand zu gleichen Teilen auf sämtliche Beteiligte verteilen und entsprechende separate Rechnungen stellen.
(3) Die Bescheinigung der Erfolglosigkeit des Einigungsversuches sowie Ausfertigungen und Abschriften des Protokolls können zurückbehalten werden bis die Kosten des Verfahrens vollständig bezahlt sind.
(4) Jede Partei trägt ihre eigenen Kosten und Auslagen (mit Ausnahme der Kosten der Gütestelle nach § 13) selbst. Eine Kostenerstattung findet nicht statt, es sei denn die Parteien treffen eine abweichende Regelung
Teil IV Inkrafttreten
§ 15 Inkrafttreten
Die Verfahrensordnung tritt mit ihrer Genehmigung durch das Oberlandesgericht Braunschweig in Kraft.
Inhaltlich verantwortlich: Oberlandesgericht Braunschweig |