Sozialgerichtsprozess
Wer mit einer sozialrechtlichen Behördenentscheidung nicht einverstanden ist, kann sich an die Sozialgerichte wenden. Das ist regelmäßig erst dann möglich, wenn die Behörde ihre Entscheidung in einem Widerspruchsverfahren noch einmal überprüft hat. Innerhalb eines Monats kann dann beim Sozialgericht Klage erhoben werden.
Zuständig ist das Sozialgericht, in dessen Bezirk die Klägerin oder der Kläger wohnt oder arbeitet. In Niedersachsen gibt es acht Sozialgerichte: In Aurich, Braunschweig, Hannover, Hildesheim, Lüneburg, Oldenburg, Osnabrück und Stade. Einen Überblick zu den einzelnen Sozialgerichten finden Sie unter http://www.landessozialgericht.niedersachsen.de/sozialgerichte/.
Grundsätzlich kann jeder Kläger sein Klageverfahren vor dem Sozialgericht und auch dem Landessozialgericht selbst führen, also Schriftsätze einreichen und auch vor Gericht auftreten. Nur beim Bundessozialgericht muss man sich durch einen Rechtsanwalt oder einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Man kann sich aber auch schon vor den Sozialgerichten und dem Landessozialgericht von einer Rechtsanwältin oder einem Rechtsanwalt, einem Sozialverband (VdK, Sozialverband Deutschland u.a.) oder einer Gewerkschaft (DGB Rechtsschutz GmbH) vertreten lassen.
Das Sozialgericht überprüft den Sachverhalt von Amts wegen. Dazu vernimmt es beispielsweise Zeugen und holt Gutachten ein, wenn es das für erforderlich hält. Sollte die Klägerin oder der Kläger mit einem ärztlichen Gutachten nicht einverstanden sein, so kann er oder sie verlangen, dass das Gericht ein Gutachten durch einen Arzt des Vertrauens erstellen lässt. Dazu muss allerdings im Regelfall ein Kostenvorschuss für die voraussichtlich entstehenden Gutachtenkosten gezahlt werden. Erst nach dem Ende des Verfahrens entscheidet das Gericht, ob die Kosten von der Staatskasse erstattet werden können.
Sind alle Ermittlungen und Beweiserhebungen abgeschlossen, entscheidet das Sozialgericht. Dazu gibt es verschiedenen Möglichkeiten: Das Gericht kann entweder in einer mündlichen Verhandlung ein Urteil sprechen. Wenn der Kläger auf eine mündliche Verhandlung verzichtet hat, kann eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung im schriftlichen Verfahren getroffen werden. In beiden Fällen entscheiden ein hauptamtlicher Richter und zwei ehrenamtliche Richter. In einfachen Fällen kann der Berufsrichter ohne die ehrenamtlichen Richter durch Gerichtsbescheid entscheiden. Das Urteil oder der Gerichtsbescheid werden den Beteiligten zugestellt.
Gegen das Urteil oder den Gerichtsbescheid eines Sozialgerichts steht einem Unterlegenen grundsätzlich die Berufung zum Landessozialgericht offen, wenn sich der Wert der Klage auf mindestens 750 Euro erstreckt. Auch dafür haben die Beteiligten einen Monat Zeit. Das Landessozialgericht überprüft die erstinstanzliche Entscheidung umfassend, also in tatsächlicher und in rechtlicher Hinsicht. Es kann selbst Zeugen vernehmen und neue Gutachten einholen. Am Ende wird auch hier nach einer mündlichen Verhandlung ein Urteil gesprochen, wenn die Beteiligten nicht darauf verzichtet haben. In eindeutigen Fällen kann das Landessozialgericht die Berufung durch einen Beschluss zurückweisen.
Eine Revision zum Bundessozialgericht in Kassel ist nur möglich, wenn das (Landes-)Sozialgericht sie zugelassen hat oder das Bundessozialgericht die Revision im Einzelfall durch besonderen Beschluss zulässt. Das passiert dann, wenn entweder eine Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat, ein Urteil von der Entscheidung eines Bundesgerichts abweicht oder erhebliche Verfahrensmängel festgestellt werden können. Wenn die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanzen ausreichen, kann das Bundessozialgericht abschließend entscheiden; anderenfalls verweist es die Sache an das Landessozialgericht oder das Sozialgericht zurück.